Peter Neumaier
„Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir weiterleben werden!”
Von München in das Arbeitslager Tiefenort. Briefe meines Onkels 1937–1945
Language: German
244 pages, softcover with (fold-in) flaps
41 illustrations
ISBN: 978-3-95565-651-5
Publication date: 2024
19.90 €
Am 13. Oktober 1944 wurde auf Anordnung der Gestapo Kurt Neumaier zusammen mit weiteren ca. 150 Münchner „Halbjuden“ in das Zwangsarbeitslager Tiefenort in Thüringen deportiert, wo die Organisation Todt in mächtigen Salzstollen die unterirdische Rüstungsproduktion ausbauen sollte. Auch Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge mussten dort unter Tage arbeiten.
Der Recherche zum Lager Tiefenort steht eine außerordentliche Quelle zur Verfügung: 1937 bis 1945 schrieb der Onkel des Autors, Kurt Neumaier, regelmäßig Briefe an seine ebenfalls „halbjüdische“ Frau Gretl, die zeitgleich bei den Münchner Stadtwerken zwangsverpflichtet worden war.
Die täglichen Briefe aus dem Arbeitslager schildern tagebuchähnlich die vorherrschende Gemütsverfassung, das Lagerleben, die Arbeitsbedingungen und die Freundschaften der Münchner Häftlinge. Über die Beschreibung der Lagerhaft hinaus wirft die Korrespondenz ein erstaunliches und beklemmendes Licht auf das Alltagsleben eines rassistisch Verfolgten in diesen Jahren. Sie ist von Zensurbefürchtungen, Verdrängung, vagen Zukunftsängsten, aber auch von Alltäglichem, Hoffnungen und der Suche nach Wiedererlangung eines Lebens in Würde geprägt. Ende 1944 eskalierten die Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes gegenüber den letzten jüdischen Überlebenden in „privilegierten Ehen“ und ihren Angehörigen. Die wachsende Angst um Mutter und Schwiegervater prägt die letzten Briefe von Kurt Neumaier.
Das OT-Lager Tiefenort und die Deportationen der Münchner „Halbjuden“ sind heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Nicht nur die zeitgenössischen Briefe, auch einige später aufgezeichnete Erinnerungen weiterer Zwangsarbeiter in Tiefenort werden vom Autor einbezogen.
Im „Freundeskreis“ der ehemaligen Tiefenorter Häftlinge, den der Autor z. T. noch persönlich kennenlernen konnte, herrschte Schweigen gegenüber der Enkel- und Neffengeneration, aber auch ein tiefes, verborgenes Verständnis untereinander aufgrund der gemeinsamen Verfolgungsgeschichte.
Mit einem Vorwort von Maximilian Strnad, Historiker, Wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Public History im Kulturreferat der Landeshauptstadt München